Wir müssen uns ausdrücken, keine Frage. Auf die eine oder auf die andere Weise. Was machen wir, wenn das offensichtliche Mittel, uns auszudrücken, nicht mehr funktioniert? Was ist, wenn die Sprache weg ist?
Sich selber ausdrücken bedeutet nicht, einem Trend hinterherzulaufen, der in etwa unseren Neigungen entspricht. Es bedeutet, meine wahren Gedanken und mein wahres Wesen zu zeigen (schlimmstenfalls können wir so selber einen Trend in Gang setzen).
Aber wie finde ich meine wahren Gedanken und mein wahres Wesen? Nun, Yoga ist dabei schon eine Hilfe. Es gibt da keinen Knopf, den ich einschalte und schon funktioniert alles. Es ist ein langer und langsamer Prozess. Die Betonung soll dabei nicht auf lang und langsam liegen, sondern auf Prozess. Ich muss ehrlich, aufrichtig, diszipliniert üben, alles immer wieder hinterfragen. Es kommt nicht auf den Glauben an. Yoga ist keine Religion und legt auch nicht viel Wert darauf, etwas zu glauben. Wir müssen es erfahren. Erfahren können wir nur, wenn wir etwas machen. Lesen, denken, glauben, wissen – es hilft alles nichts. Wir können nur erfahren, was wir erleben. Oder manchmal auch durchleiden. Stürzen wir uns hinein.
Wir sind für eine bestimmte Zeit hier. Für einige ist diese Zeit recht kurz, für andere ist sie relativ lang. Wie wollen wir diese Zeit verbringen? Gehorchen, funktionieren, sich anpassen, gefallen, dazugehören, Lebenszeit verschwenden. WAS MACHE ICH HIER?
Dieses Leben ist kein Jammertal, kein „Leiden“. Und entgegen mancher Menschen, die diese Meinung laut propagieren, sind wir auch nicht hier, um Spaß zu haben oder um glücklich zu sein. Vielleicht in Deutschland, aber gewiss nicht in bestimmten anderen Regionen unserer Erde. Wir sind hier, um zu Lernen. Um herauszufinden, wer wir wirklich sind. Und wie wir unsere Zeit hier verbringen, hängt davon ab, wie wir uns und die Welt sehen, ob wir lernen wollen oder nicht.
Möchte ich diese Zeit, die ich habe, nutzen? Gewisse Umstände, auf die ich keinen unmittelbaren Einfluss habe, kann ich nicht ändern. Aber was bedeutet das, was ich erlebe, für mich? Nicht für mein Ego, meinen Status, etc. Sondern für MICH, mein inneres, wahres Wesen?
Auch das ist Yoga. Nicht nur die Asanas/Körperübungen, Atemübungen, etc. Das sind Hilfsmittel. Ich kann mich nicht über diese Elemente definieren, ich kann nicht sagen, ich übe diese oder jene Art des Yoga. Das ist Unsinn.
Mein Körper findet z.B. Ausdruck in den unzähligen Asanas. Ich erfahre durch das Üben in kleinen Schritten eine Entwicklung des Geistes; die vielen Schichten, die das wahre Wesen überdecken, werden dünner und einige von ihnen fallen ab. Ich komme mehr und mehr nach Innen.
Mein Hilfsmittel, der Körper, wird von mir gehegt und gepflegt. Nein, es ist eben kein Narzissmus, sondern das Wissen, dass dies mein einziges Hilfsmittel ist und ich es brauche. Und daher ernähre ich es gut. Nicht mit Superfoods für ewige Jugend und Fitness. Sondern so, dass ich auch gerne in und mit diesem Körper älter werde. Und vielleicht weiser…