Mal ehrlich, wie sieht es jetzt, Ende Januar, mit den guten Vorsätzen aus? Nicht so wie geplant? Dann waren die hehren Ziele wahrscheinlich zu hoch gesteckt, oder?
Wie wäre es denn mal damit, auf hochgesteckte Vorhaben zu verzichten und zu den Basics zurückzukehren? Warum muss es immer etwas Neues sein? Vielleicht ist es doch besser, unsere gewohnten, alltäglichen Tätigkeiten zu verbessern, auszubauen, zu vervollkommnen, bevor wir anfangen, auf diesem bröckeligen Fundament ein Hochhaus zu bauen. Wie wäre es mit einer grundlegenden Tätigkeit, die uns nicht einmal besonders bewusst ist?
Zum Beispiel Kauen. Gerade jetzt nach den zurückliegenden Festtagen sollte doch unser Kauapparat ganz gut trainiert sein, denke ich. Aber wenn ich mich so umgesehen habe, war ich von Schnellessern und Schlechtkauern umgeben. Unkonzentriert, abgelenkt, nervös. Kaum einer war mit seiner Aufmerksamkeit für längere Zeit beim Essen, sondern woanders. Alleine wie in geselliger Runde.
In Ruhe essen ist schon eine Kunst heutzutage – genauso wie es schwierig ist, generell seine innere Ruhe zu finden in unserem Alltag. Yoga soll uns dazu verhelfen, zu uns selbst zu finden, innere Ruhe zu spüren. Aber der Erfolg hängt auch davon ab, wie gut wir unsere Yogaübungen „kauen“.
Genauso wie wir unser Essen hastig kauen und dann hinunterschlingen, so hastig und unbewusst können wir auch durch eine Yogaübung huschen. Wer sich nicht angesprochen fühlt, den möchte ich gerne zu folgender Überlegung anregen: Wenn wir ein Asana, also eine Yogaposition üben, woran denken wir? Auch an den Einkaufszettel von morgen vielleicht, aber bezogen auf das Asana denken wir vorrangig an die Endposition, die wir erreichen wollen.
Und mit dieser Endposition im Kopf nehmen wir die (uns mögliche) Endposition ein. Das ist hastiges Kauen. Wer aber denkt an den Weg dorthin in allen Einzelheiten? Wer konzentriert sich mehr auf den Prozess als auf das Ergebnis? Wer nimmt sich Zeit für den Weg und hat nicht das Ziel vorrangig vor Augen?
Eine gut gekaute Yogaposition ist der Schlüssel zur Gesundheit…
So wie wir kauen, üben wir Yoga. So wie wir Yoga üben, so kauen wir. Was macht gutes Kauen mit uns? Jeder weiß, dass wir gründlich kauen sollten, nur macht es kaum jemand. Und verzichtet auf so viele gute Dinge: Nährstoffe können besser aufgeschlossen und assimiliert werden, wir müssen daher dann weniger essen, um ausreichend Nährstoffe aufzunehmen, die Verdauung ist reibungslos, keine Blähungen, kein Völlegefühl, keine Verdauungsprobleme, besseres Wohlbefinden durch perfekte Verdauung, das Denken wird klarer, Konzentration stellt sich schneller ein und wird schärfer. Man könnte ein ganzes Buch darüber schreiben, ich möchte mich allerdings auf diese Stichwörter beschränken.
Ein großes Plus für alle, die recht intensiv Yoga üben: Die Verdauung stört nicht. Ein voller Bauch, überfordert mit der Verdauung, ist kontraproduktiv bei den meisten (anspruchsvolleren) Yogaübungen. Probiere Kopfstand, Schulterstand, intensive Drehungen, Rückbeugen, Vorbeugen wie Kurmasana (Schildkröte) mit vollem Bauch aus – es ist kein Vergnügen. Selbst wenn die Übungen einigermaßen „überstanden“ werden, hinterher sind Kopfschmerzen und Unwohlsein für die nächsten Stunden fast garantiert!
Und ein Bonus für alle, die mit Interesse die Veränderungen ihres Gesichtes im Spiegel verfolgen: Wenn wir schlecht kauen oder hauptsächlich Nahrungsmittel mit weicher Konsistenz essen, bildet sich der Kieferknochen mit der Zeit zurück.
Dies passiert auch natürlicherweise mit dem Älterwerden. Das Knochenwachstum geht zurück, wenn der Knochen nicht zum Wachstum angeregt wird. Irgendwann finden die Zähne keinen Halt mehr und fallen allmählich aus. Ein Kieferknochen, der sich zurückgebildet hat, kann nicht mehr seinen vorherigen Zustand erreichen. Wir können nur den Rückgang verlangsamen.
Das Knochenwachstum wird angeregt, wenn der Knochen beansprucht wird, also eben durch Kauen. Durch ausführliches Kauen und Kauen von härteren Nahrungsmitteln. Und solange wir unsere eigenen, von der Natur geschenkten Zähne noch besitzen, sollten wir so oft wie möglich auf harten Nahrungsmitteln herumkauen!
Mein Vorsatz für die nächsten Jahre:
Verhindern, dass mein Kieferknochen sich vor der Zeit zurückbildet.
Mit Leichtigkeit, Wohlbefinden und flachem Bauch meine Asanas üben.
Meinen wertvollen Körper mit den besten Nährstoffen versorgen, die ich bekommen kann.
Und alle, die sich davon angesprochen fühlen und ihre „Kaupraxis“ verbessern wollen, lade ich ein, sich für ein paar Tage voll und ganz auf das Thema einzulassen. Bewusstes Kauen führt zu bewussterer Yogapraxis – so einfach. Und doch schwierig. Denn Kauen ist langweilig, wenn man es unwichtig findet. Es gibt durchaus auch viele Asanas, die einem unerfahrenen Übenden langweilig vorkommen können. Weil er/sie nicht weiß, worin der tiefere Sinn dieser Übung besteht oder was genau die Arbeit in dieser Haltung ist. Und doch tut Yoga gut und gibt uns sehr viel, wenn wir korrekt üben – mit Aufmerksamkeit.
Ich gebe euch hiermit ein neues Asana: Kauen. Es ist zugleich einfach und schwierig. Trotzdem kann es jeder zu Hause üben.
Seid ihr aber bereit für eine wahre Challenge? Habt ihr Lust auf eine Herausforderung? Klar, Yogis haben doch auch Lust auf komplexe Asanas!
Kauen – dein Asana!
Dann tragt euch unten ein. Ihr erhaltet über 2 Wochen hinweg zwei bis drei Mal pro Woche per e-mail jeweils eine Aufgabe zum Thema Kauen, immer verbunden mit einer Yogaübung. Von einfach bis schwierig, von simpel bis komplex, vom Anfänger zum Fortgeschrittenen.
Viel Spaß damit! Mir hat es definitiv Spaß gemacht, es für euch zu erstellen.