Fasten und Yoga

Fasten ist gerade nach den Karnevalstagen ein Dauerthema bei Kollegen, im Radio und in den Zeitungen. Meist in Form von neumodischen Varianten wie „Smartphone-Fasten“ oder „Auto-Fasten“ oder auch „Zucker-Fasten“.

Ok, ich muss gestehen, dass mich dieses ganze Gerede vom „Fasten“ etwas nervt. Ich komme ursprünglich aus einer nicht-katholischen Gegend, wo man einfach nicht diese Fastenzeit so in den religiösen und kulturellen Genen hat. Auch die oben erwähnten neumodischeren Formen lassen mich nur den Kopf schütteln. Ist so etwas nur auf die offizielle Fastenzeit zwischen Aschermittwoch und Ostern begrenzt? Was soll dieser Hype?

Es ist also lediglich Zufall, dass meine private Fastenzeit dieses Jahr in die offizielle, kirchlich-tradierte Fastenzeit fällt. Ich habe schon seit meiner Teenagerzeit immer mal wieder gefastet. Der Frühling liegt mir nicht so unbedingt für dieses Vorhaben, ich bevorzuge den Sommer oder frühen Herbst, wenn es Unmengen an Obst und Gemüse gibt (für meinen frisch gepressten Saft). Aber dieses Jahr hat mein Körper mir zu verstehen gegeben, dass wir früher daran gehen müssen.

Wenn ich von Fasten rede, dann habe ich das traditionellere Verständnis dieses uralten Heilmittels im Kopf. Fasten ist für mich also „nur“ der Verzicht (hier ist das Wort schon wieder) auf feste Nahrung. Gerade jetzt im Wechsel vom dunklen Winter mit geringem (heimischen) Nährstoffangebot zum hellen Frühling mit mehr Sonnenlicht und vitaminreichen Nahrungspflanzen wird Fasten von gesundheitsbewussten Anhängern am häufigsten durchgeführt, es unterstützt einfach die Umstellung von einer auf die andere Jahreszeit.

Warum ich faste? Nun, beileibe nicht, um abzunehmen. Wer mich kennt, der weiß, dass ich eher zu den dünneren Zeitgenossen gehöre. Auf meine Beweggründe passt eher der Ausdruck „Detox“, also Entgiften. Manche mögen das Bestreben zu entgiften milde belächeln, benutzt der Körper doch unsere Ausscheidungsorgane, um den Restmüll zu entsorgen. Nach meiner Erfahrung ist es aber tatsächlich so, dass er nicht alles vollständig entsorgt. Und Urlaub von der ständigen und überfordernden Verdauungsarbeit hat er auch durchaus mal verdient.

Was mich allerdings am meisten am Fasten fasziniert, ist die Auswirkung auf den Körper generell und auf das Üben von Yogapositionen im Besonderen. Hat man die ersten zwei Tage der Umstellung auf Nicht-Essen erst einmal überstanden, wird die Yogapraxis zu einem ganz besonderen Erlebnis.

Körperlich gesehen, gibt es gerade in Bezug auf das Üben von Asanas viele Vorteile. Man kann jederzeit üben, ohne das Essen und die Verdauungszeit mit einplanen zu müssen. Das Üben fällt leichter als sonst, die Beweglichkeit verbessert sich immens. Viele Schmerzen verschwinden oder werden geringer. Man fühlt die Bewegung intensiver.

»Mehr Leichtsinn bitte: Einfluss von (wenig) essen auf das Üben

Aber es gibt auch darüber hinausgehende Aspekte.

In den letzten Monaten habe ich schwerpunktmäßig über das mechanische Essen geschrieben. Nun ist Fasten sehr gut geeignet, um dem mechanischen Essen entgegenzuwirken. Nicht so sehr dem Vorgang des Essens (man fällt leider hinterher sehr schnell wieder in alte Gewohnheiten zurück, wenn man nicht aufpasst), sondern man ist mit seiner Aufmerksamkeit sehr schnell bei der Auswahl der Nahrung, der Qualität, der Frage, ob es wirklich Nahrung für den Körper ist oder nur Befriedigung eines emotionalen Mangels. Es wird einem erst so richtig bewusst, wann und wie viel und warum man isst. Durch das Wegfallen des Essensvorganges entsteht meist eine Lücke, denn das, was man durch das Essen befriedigen oder ausgleichen wollte, steht dann vor einem in all seiner Deutlichkeit. Und damit muss man sich auseinandersetzen. Für Fastenanfänger mag dies anders sein, aber für mich ist das die eigentliche Schwierigkeit am Fasten – nicht der Verzicht auf leckeres Essen oder gar Hunger.

Man fängt an, sich und vieles andere zu hinterfragen. Und da sind wir schon wieder beim Yoga. Dies ist der Kern des Yoga. Erkenne dich selbst!

Fasten schafft es, dass der Geist ruhiger und konzentrierter ist. Man kann viel tiefer in seine Beschäftigungen wie z.B. Yoga üben eintauchen. Der Wille ist stärker, Ablenkungen lenken einen nicht so ab wie sonst. Es kommen gute Gedanken und neue Ideen. Man sieht manche Dinge objektiver, weil sich (vermeintliche und tatsächliche) Wichtigkeiten von der Wertigkeit her verschieben. Man gewinnt also ein wenig innere Distanz zur Außenwelt, während man sich gleichzeitig mittendrin befindet und auch aktiv teilnimmt. Man bekommt Gespür für das Notwendige, unnützer Ballast wir ohne Bedauern fallen gelassen. Eine Ahnung von „Richtig“ taucht auf.

Meiner Erfahrung nach erlebt man beim Fasten keinen Mangel, gerade wenn der Körper intensiv durch frisch gepresste Gemüsesäfte versorgt wird. Fasten ist ein Gewinn. Für die Gesundheit des Körpers, für mein geistiges Innenleben und meine Gefühlswelt, für das praktizieren von Yoga im umfassenden Sinne und das Üben der Asanas im Speziellen.

Das Beste am Fasten ist allerdings, dass es emotional unheimlich befreiend ist.

 

 

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