Fasten, ein Geschmack von Pratyahara

Fasten ist wie Meditation. Oder der Schnellzug dorthin. Dieser Zug hat den mystischen Namen „Pratyahara“. Pratyahara ist die fünfte Stufe auf dem achtstufigen Pfad des Yoga und beinhaltet die Kontrolle über die Sinnesorgane, bzw. das Zurückziehen der Sinne von der Außenwelt.

Wir nehmen die Welt durch unsere Sinnesorgane wahr. Einerseits. Aber andererseits verlieren wir uns durch die Wahrnehmung unserer Sinnesorgane. Was heißt das?

Wir identifizieren uns mit dem, was unsere Sinnesorgane wahrnehmen. Überlege nur, wie deine Augen allem folgen, was sie erblicken können. Wie wir unsere Augen benutzen, um unseren Geist zu beschäftigen (Fernsehen, Computer, Spiele, Smartphone). Wir sind immer abgelenkt durch das, was unsere Augen sehen – wir sind nie bei uns selbst. Oder wir stimulieren uns durch unseren Hörsinn, also über Musik. Stören uns an unangenehmen oder lästigen Geräuschen. Wir huldigen unserem Geschmackssinn, indem wir bevorzugt das essen, was unseren Geschmacksknospen angenehm ist. Und immer sind wir abgelenkt von uns selbst.

Und immer sind wir emotional beteiligt.

Ich will hier nicht ausführlich auf Erklärungen oder Auslegungen von Pratyahara eingehen. Ich denke, das Prinzip ist auch für diejenigen klar, die sich nicht so intensiv mit Yoga beschäftigen. Wenn ich mich kennenlernen will, wenn ich zum Kern meines Wesens vordringen will, dann muss ich lernen, mich nicht der Kontrolle durch die Sinnesorgane zu unterwerfen, ihrem Diktat zu folgen, zu reagieren. Sondern ich muss meine Aufmerksamkeit von der Wahrnehmung der Sinnesorgane distanzieren. Solange ich mit meiner Aufmerksamkeit in der Außenwelt gefangen bin, kann ich nicht nach innen sehen.

Für viele Menschen ist diese Bindung an die Sinnesorgane eine willkommene Erfindung der Natur. Sie müssen sich nicht mit sich selbst beschäftigen, sondern können sich vom Elend ablenken, bis sie das Zeitliche segnen. Aber nicht gerade wenig Menschen suchen den Zugang zu sich selbst, zum Kern aller Dinge, zum Göttlichen, zum WARUM. Pratyahara ist die Antwort und der Weg dorthin.

Was hat das mit Fasten zu tun? Nun, offensichtlich nehmen wir unserem Geist eine wichtige Beschäftigung, das Essen, das Schmecken, das Spielen mit den Aromen, die Beschäftigung mit und rund um das Essen. Ich nehme meinem Geist das wichtigste Spielzeug. Zusätzlich noch bekomme ich dadurch, dass das Essen und die Essenszubereitung wegfallen, so viel zusätzliche Zeit geschenkt. Obwohl ich doch die meiste Zeit meines Lebens damit verbringe, diese Zeit entweder totzuschlagen oder bis auf die letzte Minute zu nutzen. Der Überschuss an Zeit ist nun im Fasten plötzlich so vordergründig, ich suche nach Mitteln, diese Zeit mit nützlichen Dingen zu füllen und zu nutzen, nur um festzustellen, dass ich von Tag zu Tag weniger Lust und Motivation habe, die Zeit zu füllen. Irgendwann lasse ich es zu, dass ich Zeit habe – zum Denken, zum Nachdenken, zum Verschwenden, zum durch die Finger rinnen lassen, für MICH. Ich finde mich allmählich wieder unter der dicken Schicht, die sich im Laufe der Zeit auf mich gelegt und mein eigentliches SEIN verdeckt hat.

Ich erkenne, dass viele vorher ach so wichtigen Dinge gar nicht so wichtig sind. Ich verliere die emotionale Anhaftung an Dinge, Rituale, Situationen. Ärger z.B. ist eine Emotion, die sich schnell verliert, wenn man einige Tage fastet. Ich reagiere auf Situationen nicht mehr so, wie ich es vor dem Fasten getan habe. Und ich erkenne, dass meine Reaktion gar nichts mit der Sache zu tun hat. Sondern mit mir. Meinem eigenen inneren Zustand. Diese Erkenntnis ist so erhellend.

Die rein körperliche Auswirkung des Fastens ist schon wunderbar, aber das, was in meinem Kopf passiert, ist einfach phänomenal. Habe ich mich sonst mit meinen Emotionen identifiziert, so merke ich plötzlich, das meine Emotionen nicht ICH sind. Sie sind von außen hervorgerufen und sind lediglich eine Reaktion meines Körpers auf äußere Einflüsse. Mein Geist an sich ist ruhig und gelassen. Und je nachdem wie der Zustand meines Körpers ist, ist die emotionale Antwort mehr oder weniger stark. Eine faszinierende Erkenntnis.

Da taucht die Frage auf, ob ich meine Emotionen kontrollieren kann. Damit ist nicht unterdrücken gemeint. Kann ich diese Distanziertheit von meinen Emotionen mit hinübernehmen in die Zeit, wenn ich wieder esse? Wie beeinflusst das Essen – oder das, was ich esse – meinen inneren Zustand? Meine mentale Energie, Wachheit. Meine Reaktion auf Situationen in meiner Umgebung, also auch meine Emotionen?

Fasten ist eine große Unterstützung für die Gesundheit des Körpers. Fasten ist allerdings auch ein Hilfsmittel, das uns mit Wucht in die Richtung katapultiert, die wir durch das Üben von Yoga sowieso einschlagen.

 

Willst du Fasten ausprobieren? Informiere dich vorher gründlich darüber! Ein paar Tipps dazu und wie die einzelnen Fastentage ablaufen und sich (auch „yogatechnisch“) anfühlen, erhältst du auf 8 Seiten in diesem kleinen Ratgeber.

April-Aktion ist beendet, sorry!

Deckblatt Fasten und Yoga

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